#030 - Türkei (Teil 9, von Diyarbakir über Mardin nach Midyat)
8. Juni 2025: Von Mazıdağı nach Mardin
Mardin, ich finde es komplett verrückt. Noch krasser als Diyarbakır, die Menschenmassen, das orientalische Feeling. Klar, auch laut und chaotisch, aber auch friedlich und bunt. Rauchende Frauen, bunt geschmückte Pferde, weite Sicht nach Süden in die mesopotamische Ebene. Syrien, nur zwanzig Kilometer entfernt, lässt sich nur im Dunst erahnen.
Palästinatücher. Selfies, Selfies, Selfies. Süße kleine Kinder auf dem Arm von Baba. Überhaupt viele junge Menschen. In meiner Altersklasse kaum jemand. Auch kein*e weitere mitteleuropäische Tourist*in. Freundliche Blicke. Neugierige. Beiläufig Berührungen. "I love you." Naja, das sind Jugendliche, die ihre mageren Englischkenntnisse erproben. Drängeln ohne zu drängeln. Autos rangieren, wo eigentlich nichts mehr geht, mit höchster Präzision und Seelenruhe. Tanzende Menschen. Hunderte Schwalben am Abendhimmel.
Zurück nach Mazıdağı am Morgen. Mein Frühstück wird mir vom Bäcker spendiert. Bis Mardin ist es nicht weit. Ab und zu Schotter. Die Schotterpiste endet vor der Autobahn an einem Zaun. Ich muss quer über den Acker und dann, Gepäck und Rad getrennt, eine steile Böschung hoch.
Kurz vor Mardin geht es steil rauf. 130 Höhenmeter auf einen Kilometer. Der Verkehr steht. Ich quäle mich dran vorbei, in Hitze und Qualm bergauf. Immer noch besser, als im Auto zu hocken.
Die einspurige Hauptstraße in Mardin ist auch verstopft. Das zieht sich. Das Hotel, das ich mir ausgesucht habe, ist voll. Ich lasse mich weitervermitteln. Sehr schönes, höhlenartiges Zimmer, altes Mauerwerk, halb in den Berg gebaut.
Nach meinem Rundgang durch Medresen, Moscheen, Kirchen, belebte Plätze und Gassen bin ich hungrig. Die Restaurantterrasse bietet weiten Ausblick. Zwei Frauen, mittleres Alter, Kopftücher, bitten mich, sie zu fotografieren. Eine spricht Englisch. Sie geben sich etwas unbeholfen und bezeichnen mich als Profi, wohl weil ich ne etwas dickere Kamera habe.
Zum Dank laden sie mich zu einem mesopotamischen Kaffee und einer regionaltypischen Limonade aus rotem Basilikum, sehr lecker und nicht so süß, ein. Eine ist Englischlehrerin an einer Grundschule in Ankara, die andere die Leiterin. Über die Bayram-Feiertage machen sie eine Tour durch die Gegend.