Von Bremen ins Kiental im Berner Oberland und zurück, 7. bis 24. September 2023
Ich fahre ja wirklich gerne mit dem Rad durch Bremen, Deutschland, Europa und die Welt. Wenn ich dabei auch noch ein konkretes Ziel habe, finde ich das besonders toll. Schon mehrfach habe ich bei meinem Job bei der Bremer Umweltbehörde die Chance genutzt, zu Arbeitstreffen in anderen Städten mit dem Rad anzureisen. Mein Arbeitgeber macht das mit du ich bekomme sogar ein Kilometergeld. Die Fahrzeit, meist mehrere Tage, sind natürlich Urlaub. Auf diese Weise war ich als bezahlter „Radprofi“ ohne meine Seele an zweifelhafte Konzerne verkaufen zu müssen, unter anderem in Dresden, Berlin, Würzburg und zuletzt letztes Jahr in Limburg an der Lahn.
Dieses Jahr ist nur ein Treffen in Hamburg. Zu nah, lohnt den Aufwand nicht. Allerdings will ich im Sommer zu einem Aikido-Seminar nach Lillsved bei Stockholm und zu einem Shiatsu-Kongress in die Schweiz. Beides geht nicht. So entscheide ich mich für die Schweiz, vor allem weil ich in Deutschland und der Schweiz die Möglichkeit habe, Teile der Strecke mit der Bahn abzukürzen. In Schweden sieht das leider sehr schlecht aus.
Ich habe siebzehn Tage Zeit. Rund tausend Kilometer pro Strecke. Jeweils sechseinhalb Tage Zeit, denn der Kongress dauert vier Tage. Das finde ich ganz schön ehrgeizig und frage mich, ob ich mir das wirklich antun will. Kein Pausentag. Es ist im September nicht mehr so lange hell. Das Wetter vielleicht nicht immer lustig. Und ich will nicht mehr so heizen, sondern das Radeln, die Bewegung, die Landschaft und alles, was mir begegnet, genießen. Okay, ich probier´s einfach und steige zur Not in den Zug. Ich entscheide mich fürs Rennrad und asphaltierte Straßen, 160 Kilometer Tagespensum, Zelt unterm Sattel, kein Kocher, kleiner Rucksack. Sachen, die ich in der Schweiz für den Kongress brauche, kann ich Tina, einer Freundin aus Lilienthal, mitgeben, die mit dem Camper runterfährt. Auf dem Rückweg besuche ich noch meine Mutter in der Nähe von Stuttgart – doch ein Pausentag und zwei Nächte in einem richtigen Bett.
Um etwas Stress rauszunehmen, fahre ich Donnerstags direkt nach der Arbeit los und schaffe noch 80 km vor Einbruch der Dunkelheit. Es ist sehr warm für Anfang September, bis zu dreißig Grad. Am Oberrhein sollen es noch 32 Grad werden. Ich folge im Wesentlichen den Routen von www.radweit.de, von Bremen nach Bielefeld, weiter nach Frankfurt, durch das Rheintal mit zwei kurzen Abstechern nach Frankreich bis Basel. In der Schweiz halte ich mich an die dortigen Radrouten. Über Langenthal und Thun komme ich nach Kiental auf rund 900 Metern über dem Meer unterhalb vom Blümlisalphorn. Bis auf einmal Campingplatz zelte ich wild.
Auf der Rückfahrt halte ich mich ans Aaretal. Bei Waldshut quere ich die Grenze und bin zurück in Deutschland. Durch das Wutachtal, vorbei am Hohenzollern, am Neckar entlang bis nach Esslingen und über den Schurwald komme ich nach Stetten im Remstal, dem Wohnort meiner Mutter. Weiter geht es durch das schöne Neckartal bis Bad Friedrichshall, dann über den Odenwald nach Miltenberg am Main, über Hanau und stoße im lieblichen Niddatal auf meine Route der Hinfahrt, der ich bis Bremen folge.
Irgendwie fügt sich alles ganz glücklich, abgesehen von zwei Plattfüßen und einem halben Tag Dauerregen in der Schweiz. Ich genieße das Radeln, mache mir keinen Stress und fahre meinen Striemel, mache Pause, wenn mir danach ist – und komme in beiden Richtungen genau mit meinem Zeitpensum aus. Am späten Sonntagnachmittag komme ich in Bremen an. Über 2.000 Kilometer und fast 14.000 Höhenmeter sind zusammengekommen.