#033 - Georgien (Teil 1, von Aparçay TR, nach Batumi)
9. Juli 2025: Von Bozali nach Aspindza
Ich bin superfrüh wach. Vor sechs nach "alter", türkischer Zeit. Dank anderer Zeitzone in Georgien ist es allerdings schon fast sieben. Ich gehe entspannt in den Tag und gucke, wie es mir emo-mäßig geht. Das Thema Zugehörigkeit kommt hoch. Damit tue ich mich schon immer schwer. Kein Wunder bei meiner Familiensituation. Die Umstände, die dazu führen, dass ich mich als Kind allein gelassen, verloren, vielleicht sogar verstoßen, auf mich alleine gestellt fühlte, habe ich ja schon öfter beschrieben. Bis hin zu Todesangst und Weitwegabgeschobenwerden.
Mein soziales Umfeld in Bremen finde ich sehr schön. Ich vermisse es. Es zeigt auch, wie sehr ich mein Leben verändert habe. Nur ist das jetzt weit weg. Eine gute Gelegenheit, das Thema in mir wirken zu lassen und weiter in die Tiefe zu gehen. Je mehr ich dem Gefühl im Bauch nachspüre, desto mehr löst meine Verlorenheit auf. Gaaanz ganz langsam.
Georgien macht einen sympathischen Eindruck auf mich. Es wirkt auf gute, langsame, eigenständige Art gewachsen. Keine wahnsinnigen Highways. Die Straßen passen sich an die Landschaft an und nicht umgekehrt. Trassierungen mitten durch die Berge sind viel seltener. Halbfertige Wohnblocks, überdimensionierte Klötze oder Bauruinen gibt es kaum. Alte Häuser ja, aber nicht so verfallen wie in der Türkei. Weniger Müll in der Landschaft. Kleinbäuerliche Landwirtschaft. Mehr Bäume und Wald. Fühlt sich heimatlicher, vertrauter an. Ein bisschen so, wie bei meinen Großeltern auf dem Land in den sechziger Jahren.
Ich verlasse die holprige Hauptstraße, die nach Tbilisi führt. Ein Stück nagelneue Betonstraße, dann holpriger Feldweg. Ein kleines Kirchlein. Steile Serpentinen, auch recht holprig runter in die Schlucht nach Vardzia. Das Felsenkloster ist ganz interessant, überwältigt mich aber nicht. Die Schlucht und die Berge gefallen mir schon eher.
Im hübschen Restaurant am Fluss treffe ich zwei Engländerinnen und einen Niederländer, alle mit MTBs, leicht bepackt, auf bikepacking.com-Route unterwegs.
In Kvertisi schaue ich mir die alte, gut restaurierte Burg an. In Aspindza nehme ich mir ein Zimmer und gehe essen. Große Auswahl. In der Zeit, in der ich bestelle, hatte ich in der Türkei immer schon mein Essen, fünf bis zehn Minuten. Hier im vollbesetzten Restaurant dauert es eine Stunde, die ich mit zwei Bieren totschlage.




















