top of page

Marokko 2020

Donnerstag, 27.02.2020, von Zerkten nach Telouete

Mit Eulenrufen neben den frischen Gräbern, bin ich eingeschlafen und hab wohlbehütet geschlafen. In der Morgendämmerung weckt mich ein Husten direkt neben meinem Zelt. Ein Bauarbeiter sitzt da, ganz freundlich und zurückhaltend, fast ehrerbietig. Ich grüße freundlich zurück und pack meine Sachen zusammen. Er fängt an, mit den Händen Löcher ins lose Erdreich zu buddeln und ich kann ihn gerade noch warnen vor der Stelle, an der ich einen Haufen verbuddelt habe. Ist mir so schon etwas peinlich. Naja, Asche zu Asche, Staub zu Staub und auch die anderen Reste müssen ja irgendwo bleiben. Der Arbeiter nimmt es mir jedenfalls nicht übel und wenn ich ihn richtig verstehe, lädt er mich für das nächste Mal zu sich nach Hause ein. Ich strahle ihn erfreut über seine Herzlichkeit an und schwinge mich auf mein Rad.

 

In Zerkten gönne ich mir einen Tee an der Hauptstraße. Dazu gibt es Fladenbrot, Oliven und Olivenöl. Dann geht es steil runter zum Fluss über eine Brücke und erst noch langsam bergauf über Asphalt, bis nach rechts meine Piste abzweigt. Schon schnell wird es richtig steil und ich komme an meine körperlichen Grenzen. Wie soll das noch werden, frage ich mich. Ich muss schließlich 1.300 Höhenmeter rauf und bin jetzt schon am Arsch. Umkehren ist auch keine richtige Option und so fahr ich weiter oder schiebe immer öfter.

2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0115.JPG
2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0112.JPG
2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0118.JPG

Liebliche Abschnitte mit hübschen Dörfern, Moschee und sattgrünen Feldern am Fluss wechseln ab mit kargen, steinigen Passagen. Das Tal ist mal weiter, mal enger. Richtig an Höhe, so wie erhofft, gewinne ich auch nicht, denn es ist ein stetiges Auf und Ab. Am frühen Nachmittag bin ich auf 1.800 m angekommen und mach Pause in einem Örtchen. Nicht mal die Hälfte der Höhenmeter, also nach einiges zu tun. Ich brauche Wasser und frage eine vorbeigehende Berberin. Sie winkt mich mit, füllt gekühltes, lecker schmeckendes Wasser ab und schenkt mir ein freundliches Lächeln. Ein Stück weiter nochmal das gleiche. Zwei junge Frauen, eine mit Gesichtsschleier überreichen mir ebenfalls eine gefüllte Wasserflasche mit freundlich interessiertem Gesicht. Ein paar Jungs helfen mir noch ein Stück, mein Rad zu schieben. Denn jetzt geht es steil eine frisch gebaute Schotterstraße den Berg rauf. Gut zwei Stunden schieb ich, bis ich oben bin. Zwei Mal begegnet mir ein Mann, jeweils mit Esel oder Muli.

Oben auf dem Pass endet die Straße. In der Beschreibung des Atlas-Mountain-Race steht geschreiben, es könne sein, man muss sein Rad bergab schieben, denn das Geröll sei sehr locker. Genauso ist es. Besser gesagt: schlimmer. Meine Fahrversuche geb ich schnell wieder auf. Meine Lowirder bleiben oft hängen an Blöcken oder Büschen. Der Weg ist voller großer Steinbrocken und ich hab Schiss, mich hinzulegen oder auch nen Platten einzufahren. So stolpere ich gen Tal, vor mich hinfluchend, und stoß mich immer wieder, bestimmt ne Stunde lang. Jetzt wird es auch langsam dunkel und kurz vor dem ersten Ort hab ich dann wieder einen Platten. Dreimal versuche ich nachzupumpen, komme aber nicht weit damit. Also Schlauchwechsel, etwas hektisch und mit eingezogenem Kopf, denn es ist schon dämmrig und ich hab keine Lust auf neugierige Kinder.

2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0128.JPG
2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0130.JPG
2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0131.JPG
2020-02-27_Marokko_Sony-A6000_0132.JPG

Mit Einbruch der Dunkelheit, letzter Kraft und letztem Nerv erreiche ich Telouete, genau wie bei meiner Tour vor zwei Jahren, welch Zufall, und lasse mich von den freundlichen Bewohnern zu einem Hotel führen, dem Hotel Kasbah Telouete, ein großer, moderner Bau, nicht sehr geschmackvoll gestaltet für den romantisch veranlagten Touristen, aber sauber und freundliches Personal. 300 Dirham mit Halbpension.

bottom of page