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Marokko 2020

Montag, 24.02.2020, Marrakesch

Tja, bin immer noch krank, jetzt ein trockener, aggressiver Husten. Also bleib ich noch nen Tag in Marrakesch. Mein Drang loszuziehen hält sich auch noch in Grenzen. Dafür stellt sich langsam ein Heimatgefühl zu Marrakesch und Marokko ein.

 

Interessante, klare Träume hatte ich auch. Leider ist das meiste schon wieder aus meinem Gedächtnis ins Unterbewusste verschwunden. Ich weiß noch „Kayakfahren“ und „Steuererklärung“.

 

Es fällt mir nicht ganz leicht, mein Kranksein anzunehmen. Ich forsche dem mal nach. Zart zeigen sich Schuldgefühle, schlechtes Gewissen. „Ich hab mich nicht gut um mich, mein inneres Kind gekümmert. Ich hab mir zuviel zugemutet. Das Abenteuer Allein-mit-Zelt-durchs-Outback ist zu groß.“ Dabei bin ich doch dem Ruf meines Herzens gefolgt. Versteh das einer. Und ich weiß, ich bin stark genug für das Abenteuer, sowohl das äußere als auch das innere mit mir. Es fühlt sich an wie ein innerer Kampf, dass das Starke in mir sein darf, sich zeigen darf, sich frei entwickeln darf. Nochmal zeigt sich das Schwache, mit all seiner Macht. Und das ist gut so. Es gibt nicht das eine oder das andere, nicht nur Stärke ist das Ziel, sondern auch Schwachsein, Empfindsamkeit, Verletzlichkeit. Das Schwache in mir ist quasi „das Starke“, denn es ist das Gewohnte. Dort fühle ich mich sicher, im Zurückgezogenen, sensibel Wahrnehmenden.

Riad Celia in der Rue Riad Zitoun el Jdid
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Das Starke will sich jetzt zeigen. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess, in dem ich mittendrin stecke. Das Schwache, Verletzliche will dabei mitgenommen werden. So mach ich das.

 

Langsam fang ich an, die Aufgabe zu verstehen. Ich nehme die Wechsel wahr zwischen „für irgendwas ist das Kranksein gut“ und „ich will, dass sie geht“ oder auch „was muss ich tun, dass sie geht“ oder „was habe ich falsch gemacht, dass ich jetzt krank bin“. Eine tiefere Erkenntnis scheint auf mich zu warten. Noch bringe ich die Pole nicht zusammen. Nur manchmal und nur kurzzeitig komme ich in die Annahme der Krankheit.

 

Wie war das früher als Kind? Früh hab ich gelernt, dass ich durch Schreien keine Aufmerksamkeit bekomme, meine Bedürfnisse nicht erkannt und erfüllt werden. Durch Kranksein dürfte es ähnlich gewesen sein. Selten war ich krank und kann mich nicht erinnern, dann Wärme und Geborgenheit erfahren zu haben. Rituale waren angesagt: ins Bett, Fenster dunkel, Essen und Trinken. Von Oma gab es einen warmen „Schmalzfleck“ auf die Brust vor dem Schlafengehen. Auf der Kinderkur im Alter von 6 Jahren, alleine und weit weg von zuhause, hatte ich Mumps, wie mein Vater berichtet hatte. Ich hab daran keinerlei Erinnerung, aber die gefühlskalte, einsame, verlassene Atmosphäre waren sicherlich mit ein Aulöser. Jetzt kann ich alles tun und mir geben, was ich damals gebraucht hätte.

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