Marokko 2020
Sonntag, 01.03.2020, vor Ghassat bis Toundout
Der Wind hat nachts ganz schön an meinem Zelt gerüttelt und ich wache mit einem mulmigen Gefühl auf, sehe nur Probleme: ständig Platten, zuwenig Ersatzschläuche, anstrengende Wege, kaum Vorankommen, wo essen, wo trinken, wo schlafen usw. Es läuft nicht nach Plan, ganz und gar nicht und ich komme zum Schluss, ich hab mich übernommen. Die Route ist zu krass und irgendwas stimmt mit den Reifen nicht. Ich hab mich in dieses Abenteuer gestürzt und war etwas blauäugig, wenn nicht sogar ignorant. Das darf ich jetzt ausbaden und versuche draus zu lernen. Aber alles Grübeln nutzt nichts, ich muss auch los.
An einem kleinen Ort mit Moschee und Fußballplatz vorbei geht es durch Felswüste und Trockentäler bergan. Nach dem zweiten kleinen Anstieg erreiche ich die asphaltierte Straße, die nach Ouarzazate fährt. Ein letztes schönes Berberdorf erscheint am Berghang und schon tut sich vor mir eine riesige weite Ebene auf, die bis ins Draa-Tal zieht. Triste Steinwüste. Auch auf der Straße ist kaum was los.


Ghassat erscheint und wirkt auch eher unbelebt. Zwischen Gärten rolle ich auf Staubpisten gen Moschee, da ich dort das Zentrum vermute. Kein Mensch unterwegs. Aus dem Eingang der Moschee grüßen vier Jugendliche. Ich frag sie nach einem Café und einer winkt die Straße lang. Ein Stück weiter waschen Berberinnen an einem Dorfbrunnen Wäsche. Wieder frage ich nach „Café“ oder „Magasin“. Klare Antwort: so etwas gibt es hier weit und breit nicht. Das ist jetzt echt etwas blöd für mich. Eine der Frauen fragt mich, ob ich einen Kaffee möchte. Begeistert sage ich ja. Sie verschwindet in einem Huas kommt kommt mit einem Becher Kaffee zurück. Ob ich auch etwas essen möchte, will sie wissen. Ja, das wäre ganz wundervoll. Wieder verschwindet sie und kommt mit einem Tablett mit Brot, Olivenöl und Käseecken zurück. Tja, nächstes Problem: es gibt hier weit und breit keine Sitzgelegenheit. Also bittet sie mich zu ihrem Haus.
Es ist sehr geräumig. In einem Raum mit Sitzbänken und zwei Tischen, Teppichen und Kissen nehmen wir Platz. Sie ist selbstbewusst und natürlich und freut sich offensichtlich über den Besuch. Ihr Name ist Nazareh. Wir verständigen uns auf französisch, etwas gebrochen. Das tut der guten und entspannten Stimmung aber keinen Abbruch. Sie lebt mit ihrem Mann in Toundout, da wo ich hinwill, und hat drei Kinder. Sarah, die jüngste sitzt mit ihrer Oma mit im Raum und wir trinken Tee. Zum Abschied bekomme ich ein noch warmes großes Fladenbrot, das lecker duftet und noch eine Flasche Wasser. Ich bin sehr gerührt von der Freundlichkeit, Großzügigkeit und Gastfreundschaft dieser einfachen Menschen.

Durch die triste Steinwüste geht es in leichtem auf und ab. Manchmal durch ein querendes Wadi. Ich hatte schon lang keinen Platten mehr und da ist er auch schon. Ein Trupp Endurofahrer knattert vorbei, gefolgt von zwei Begleitfahrzeugen. Dann ist wieder Ruhe.
Toundout liegt in einem weiten Tal. Ein Stück talwärts liegt die Gîte Amoudou, in der ich ein Zimmer und ein leckeres Abendmenü bekomme.



