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Marokko 2023 - Von Ait Bougoumez nach Imilchil, Donnerstag, 2. März 2023 bis Sonntag, 5. März 2023 

Donnerstag, 2. März 2023

Ait Bougoumez nach Zaouiat Ahanzal (42 km, 1.300 hm)

Auf 2.700 Metern in Schnee und Wolken

Das Wetter hält nicht, was die Vorhersage versprochen hat. Es sind acht Grad, also fast schon warm, und die Berge hängen in Wolken, in denen ich auf 2.300 Metern Höhe verschwinde. Es geht heute von 1.800 Metern rauf auf den Tizi Tirghrist mit rund 2.600 Metern, danach noch etwas höher, gefolgt von dem üblichen Auf und Ab, am Schluss dann wieder runter auf 1.500 Meter. Schon unten im Tal ist es sehr winterlich, alles grau in grau. Von Frühling keine Spur. Da hätte ich auch bei Schmuddelwetter durch den Harz radeln können. Wenigstens wird mir vom Bergauffahren warm und die Strecke ist komplett radelbar, maximal zehn Prozent Steigung, guter Asphalt und eine gut geräumte Straße. Allerdings wird es nass, erst vom Wolkennebel und in der Höhe regnet es auch etwas. Die Straße ist nass, aber zum Glück nicht gefroren.

Die Straße führt für zwanzig Kilometern durch die verschneite Berglandschaft. Auch hier oben gibt es vereinzelt Siedlungen, Schafe und Ziegen werden ausgeführt und Kinder, nicht sehr warm eingepackt, stehen am Straßenrand. Zu sehen ist in den Wolken meist nicht viel. Die abschließende Abfahrt führt durch ein beeindruckendes, steiles und tief eingeschnittenes Tal bis hinunter nach Zaouiat Azilal, ein sehr hübsches und ursprüngliches kleines Bergdorf, eingerahmt von steilen Felsen, die gut geeignet zum Klettern sind. Ordentlich durchgefroren und schlotternd komme ich unten an. Mohammed greift mich auf und führt mich zu seiner Herberge, wo ein heißer Tee und eine ebensolche Dusche auf mich warten.

Freitag, 3. März 2023

Von Zaouiat Ahanzal zur Cathedrale des Roches (45 km, 800 hm)

Schönwetterradeln in schöner Landschaft

Die Sonne quetscht sich nur mühsam durch kleine Wolkenlöcher. An die einstelligen Temperaturen habe ich mich mittlerweile gewöhnt und bin schon froh, dass es trocken ist. Ein paar Tröpfchen fallen noch, als ich weiter talwärts radle, dem reissenden, lehmbraunen Fluss folgend. Mehr und mehr kommt die Sonne durch. Die Schlucht wird enger und die Straße verlässt den Talgrund und führt in weitem Zickzack über die steilen Berghänge. Die Luft ist erfüllt von Pinienduft. Die Asphaltstraße wird zur Piste und es stellt sich endlich ein genießerisches Urlaubsgefühl bei mir ein. Weitere Felswände zeigen sich an der gegenüberliegenden Talseite. Ich wate barfuß durch einen kleinen Bach.

Am höchsten Punkt angekommen, kann ich erstmals eine Pause in der warmen Sonne machen ohne mich vor Wind und Kälte schützen zu müssen. So darf es gerne bleiben. Die Erfahrungen mit der Kälte finde ich jetzt im Nachhinein auch wertvoll.

Plötzlich kommt mir ein Radler und kurz darauf sein Kompagnon entgegen. Zwei Spanier, die gestern auch ziemlich nass geworden sind und sich jetzt am schönen Wetter und der beeindruckenden Landscahft erfreuen. Der Ältere ist vor Freude ganz aus dem Häuschen und wir umarmen uns. Wir tauschen die üblichen Infos aus und sie empfehlen mir eine Unterkunft unten an der Cathedrale, ein riesiger, 300 Meter aufragender Felsklotz mit Mittelschiff und zwei Seitenschiffen, wenn der Blickwinkel passt.

 

Die Gite, schon am Sträßchen Richtung Anergui, wo ich morgen hin will, liegt wundervoll mit Aussicht auf das Tal und die Cathedrale. Die beiden Spanier hatten sie mir empfohlen. Am Weg weist nur ein roter Pfeil auf einem Fels auf sie hin. Sie ist geschmackvoll gestaltet, wenn auch teilweise Baustelle. Ich genieße den warmen sonnigen Nachmittag auf der Terrasse und merke, dass ich nach den ganzen Herausforderungen der letzten Tage langsam ankomme, hier in Marokko und auch bei mir selbst. Das entspannt mich und wärmt mich und macht ich glücklich und zufrieden.

Samstag, 4. März 2023

Von der Cathedrale nach Anergui (32 km, 700 hm)

Durch die Gorges d´Akhachane

Ich lasse den Tag ruhig angehen, denn heute steht nur eine kurze Etappe an. Die Gite liegt im dichten Morgennebel. Nicht so geil für meine Wäsche, die über Nacht auf der Leine hing. Der Typ von der Gite meint, kein Problem, er trockne sie am Feuer. Nach dem Frühstück bringt er sie mir und sie ist tatsächlich nur noch leicht feucht. Leider stinkt sie gewaltig nach Qualm, säuerlich, wie wenn man die Nase in eine Esse steckt. Vor allem mein einziges Baumwollshirt, das ich für die Nacht nutze. Das kann ich mir jetzt erstmal kneifen.

 

Ich lüfte und trockne die Sachen noch ne Stunde in der Sonne und breche gegen elf Uhr auf. Schwupps bin ich in der steilen Schlucht des Assif Melloul. Der reißende, braune Fluss hat sich einen beeindruckenden Weg zwischen steilen Felswänden erarbeitet. Das abenteuerliche Sträßchen führt mal am Hang, mal direkt am Ufer entlang. Mir gefällt die Schlucht mindestens so gut, wie die bekannten in Frankreich. Allerdings ist hier so gut wie nichts los.

Ich komme an einer recht neuen Brücke vorbei, an der die Straße sich teilt. Auf der anderen Seite ist die Straße neu und ich bin mir nicht sicher, wo es lang geht. Da kommt auch schon das einzige Auto des ganzen Tages. Hat da etwa Allah seine Hände im Spiel? Auf dem klapprigen SUV ist ein Gatter montiert, in dem sich zwei Schafe gemütlich gemacht habe. Ich bekomme vom jungen Fahrer die gewünschte Auskunft und fahre am gleichen Ufer weiter. Der SUV hält ein paar hundert Meter weiter und wartet auf mich. Der ältere Beifahrer im Djelabah bietet mir lächelnd und mit auffordernden Gesten die Mitfahrt an. Ich muss fünf Mal ablehnen, erst dann ist er zufrieden. Bis Anergui begegnet mir noch ein junger Marokkaner mit Maultier im Schlepptau und zwei Mopeds, jeweils doppelt besetzt.

 

Das Tal weitet sich und ich erreiche Anergui. Grüne Felder, blühende Mandelbäume und hübsche Häuschen begrüßen mich. Ein traumhaftes Fleckchen. Die Ortsmitte ist dagegen etwas unwirtlich. Meine Gite liegt etwas oberhalb des Ortes mit schöner Aussicht.

Sonntag, 5. März 2023

Von Anergui nach Imilchil (70 km, 2.200 hm)

Königsetappe mit schön vielen Höhenmetern

Direkt von der Haustüre aus geht es 1.000 Höhenmeter bergauf für rund 12 km. Für den Asphalt bin ich ganz dankbar, auch für die gleichmäßige Steigung, die maximal zehn Prozent beträgt. So kann ich alles fahren, natürlich gaaanz langsam und hin und wieder ein Päuschen. Nach drei Stunden bin ich oben und es geht ein Stück durch die karge Berglandschaft auf 2.500 m Höhe. Schnee liegt hier nur noch vereinzelt rum. Autos kann ich an einer Hand abzählen auf den fünfzig Kilometern bis zur Nationlastraße.

 

Dafür begegnen mir zwei Radler aus der Schweiz auf ihren leichten Gravelrädern. Sie sind durchs Dadestal über den schneebedeckten Tizi n´Ouano mit fast 3.000 m gekommen und mussten ihre Räder ne Stunde durch den Schnee schieben. Ich bin dankbar für den Hinweis, denn diesen Weg will ich in entgegengesetzter Richtung auch nehmen.

In einem sehr einfachen Dorf sind sehr viele Menschen unterwegs, auch Kinder überall in großer Zahl und gefühlt wollen sie alle was von mir. Ich bin froh, dass es bergab geht und ich ihnen entkommen kann. Das war mir dann doch zuviel der lauten, fordernden Kinderenergie.

Die Landschaft ändert sich mehrfach. Vorherrschend sind gedckte Erdfarben und nur selten mal etwas grün, das noch nicht so richtig in den Frühlingsschwung gekommen ist.

Um halb fünf erreiche ich die Nationalstraße RN 12. Hier ist etwas mehr Verkehr, aber auch kaum der Rede wert. Zehn bis zwanzig Fahrzeuge die Stunde, auch mal ein Wohnmobil, ein Touripärchen im Leihwagen oder ein Trupp Spanier auf dicken Motorrädern.

 

Ich entscheide mich, die Reststrecke bin Imilchil noch unter die Räder zu nehmen, 18 km und 500 m bergauf. Ich komme am Lac Tislit vorbei, den ich mir größer vorgestellt habe. Auch hier kaum was los. Noch ein Stück bergab und ich lande in Imilchil in der Auberge Chez Bassou, die mir die beiden Schweizer empfohlen hatten. Ein etwas größerer Laden, in dem zum Glück der Traditionalismus gegenüber dem Modernismus überwiegt, das Essen sehr lecker schmeckt und es einen Kaminofen im Speiseraum gibt.

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