#055 – Wien (Österreich, Teil 3) nach Prag (Tschechien, Teil 1)
16. Dezember 2025: Von Reichenau (Österreich) nach Český Krumlov (Tschechien)
Auch heute zieht es mich nicht wirklich aufs Rad. Aber vielleicht kommt die Motivation ja beim Tun? Tut sie nicht. Vielmehr habe ich ein schweres Gefühl im Bauch. Als es nicht weggeht, gebe ich mich im hin. Trauer kommt auf. Ich sehe mich als kleiner Junge unterwegs in die Kinderverschickung. Weggeschickt. Weggebracht. Verlassen.Verloren. Ungewiss, wohin. Ungewiss, wie lange. Ungewiss, warum. Und ich habe es hingenommen. Nicht protestiert. Nicht mich gewehrt. Nicht nachgefragt. Also bin ich selbst Schuld?
Fünf oder sechs Jahre bin ich alt. Vier bis sechs Wochen bin ich in der Fremde. Bad Rothenfelde. Viele hundert Kilometer von zuhause.
Es bricht aus mir raus. Weinend radle ich durch die Landschaft. Sie ist heute besonders zauberhaft. Dick mit Rauhreif bestäubt, vor allem die Bäume. Anfangs sogar mit etwas Sonne. Ich bin auf kleinen Sträßchen unterwegs, quere die Grenze nach Tschechien, Land Nummer 2 meiner Reise, oder 22, wenn ich die doppelt Bereisten doppelt zähle. Die Wege sind noch kleiner, es gibt darauf praktisch keinen Verkehr mehr, sie sind meist asphaltiert. Eine wunderbare Radroute, der Eurovelo 7. Durch den südlichen Böhmerwald geht es viel rauf und runter, auch mal steil und geschottert. Ich bin gefordert. Mein Herz ist schwer, meine Brust eng.
Český Krumlov (auf deutsch Böhmisch Krumau) liegt im engen Tal der Vltava (Moldau) und ist hübsch, sehr hübsch, dementsprechend touristisch. Reiner Zufallstreffer. Flussschleifen, Schloss, Kloster, Marktplatz, enge Gassen. Auch an Weihnachtsschmuck wurde nicht gespart. Ich nehme ein Zimmer in der verwinkelten Altstadt.















