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#022 - Türkei (Teil 1, von Griechenland bis nach Istanbul)

Mit neuem Hinterrad geht es über die Grenze in die Türkei. Das Land, seine Menschen strahlen einen freundlichen, herzlichen und lebendigen Vibe aus. Damit habe ich nicht gerechnet, genieße es jedoch sehr. Zwischenstopp in der Bike Academy in Lüleburgaz. Ich verabschiede mich von Hans, der nach Norden abbiegt, und radle alleine weiter bis Istanbul, 15 bis 20 Millionen Einwohner*innen, so genau weiß das niemand.

5. April 2025: Von Ipsala bis Akarca

Etwas bedrückt wegen dem knatternden Getriebe, sonst aber guter Dinge beginne ich den Tag. Wegen dem Getriebe kommt mir eine Idee. Nach dem Hinterradwechsel war der Riemen deutlich gespannter. Das war mir ganz recht, denn er schien mir zuvor zu locker. Er könnte jedoch zu stark und Ursache der Geräusche sein. Große Hoffnungen mache ich mir keine. Doch ausprobieren kann ja nicht schaden. Und tatsächlich: ich lockere ihn und die Geräusche sind weg. Juhu, welche Freude. Ich kann wieder befreit und genussvoll radeln.

Die Landschaft ist sanft gewellt. Riesige Felder wechseln sich ab mit hübschen, kleinräumigen Abschnitten, Baugruppen, kleinen Seen. In den Dörfern sitzen alte Männer vor Cafés. Alle winken zurück. Auch viele Autos grüßen, per Winken oder Hupen. Die Menschen machen einen sehr freundlichen, glücklichen Eindruck. Das überträgt sich auf mich. Sehr gerne!

Wir kommen in ein größeres Städtchen, Uzunköprü. Hans zieht mit einem englisch sprechenden Einheimischen los, um sich eine SIM-Karte zu besorgen. Ich bleibe bei den Rädern. Ein älterer Mann fragt mich ob ich einen Tee möchte und bringt mir einen. Er spricht kein Wort englisch, ich keines türkisch. Er zeigt mir seinen kleinen Elektroroller. Er ist sehr herzlich und ich mag ihn gerne. Ich bekomme einen zweiten Tee. Er schleppt mich die Straße runter. Die Räder seien sicher.

Fünfzig Meter weiter hat er auf der Straße einen kleinen Schuhputzstand, hübsch verziert, aus Messing. Wir setzen uns. Er zeigt mir Bilder. Seine Tochter. Er mit Trommel in einer Musikkapelle. Wandbilder, bunt, naiver Stil, die er gemalt hat. Ein Kunde kommt vorbei. Er putzt seine Schuhe. Dreißig türkische Lira wechseln den Besitzer. Er zeigt auf meine Trekkingsandalen, ein Paar Schlappen und strahlt mich an. Er putzt meine Sandalen. Wie lieb ist das denn?! Er schnuppern auch daran und verzieht das Gesicht. Ich auch. Die Sandalen bekommen eine Parfumbehandlung. Meine Hände auch.

Ich bin berührt und habe etwas feuchte Augen. Was für ein Land! Was für Menschen! Der supercoole junge Friseur tanzt auf der Straße, zeigt seine tätowierte Brust. Welcher Vibe! Damit habe ich nicht gerechnet, nachdem es mir in Griechenland auch schon gut gefallen hat. Ich freue mich sehr auf die drei Monate hier.

Nach einem Döner Dürüm, heißt hier Lavaș, geht es weiter über die Hügel. Unseren Zeltplatz finden wir auf einer kleinen Anhöhe über einer weiten Talebene, nicht ganz so schön wie gestern, aber okay. Die Frösche im Teich nebenan beginnen nach Sonnenuntergang mit einem beachtlichen Konzert, mindestens dreistimmig, schnelles Quaken, die meisten, Solostimme langsames Quaken, zweite Solostimme trillerndes Quaken. Schon bald wird das Gequake überdröhnt von türkischer Musik aus irgendeinem Auto in der Nähe.

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