11. November 2025: Von Belogradchik nach Kula

Ich nehme großen Widerstand wahr loszufahren. Die körperlichen Symptome sind nicht ganz so stark, wie ich es auch kenne. Und ich kann mich ganz gut öffnen für sie. Es ist ein emotionaler Widerstand. Eine Stimme in mir schreit: NEIN NEIN NEIN!

Intuitiv ordne ich sie meiner Verschickung in ein Kinderheim zu. An den Moment der Abfahrt habe ich keine Erinnerungen. Hab ich mich gewehrt, gesträubt, protestiert, gewütet gar? Oder hab ich mich in mein Schicksal ergeben, meine Ängste, Trauer, Schmerz tief in mir vergraben?

Ich vermute, letzteres. Denn so gehe ich meist mit Schmerz um. Was will ich jetzt anders machen? Der Schmerz darf sein. Ich gebe ihm Raum. Ich höre, wie er in meinem Körper schwingt. Ich nehme mein inneres Kind in die Arme.

Das Wetter wird besser. In der Nacht hat es noch geregnet. Am Morgen lösen sich die Wolken auf. Etwas bergab, dann wieder bergauf, nach zwei Stunden bin ich bei der Magura-Höhle. Kein Mensch weit und breit. Ein Auto auf dem Parkplatz. Doch es ist tatsächlich geöffnet. In zwanzig Minuten beginnt eine geführte Tour.

Da ich der einzige Besucher bin, bekomme ich eine zweistündige Exklusivführung und zufälligerweise auch noch von der einzigen englisch sprechenden Fahrerin.

Die Hallen der Höhle sind riesig, beeindruckend. Ich sehe viele Fledermäuse im Winterschlaf und die Phantasie anregende Tropfsteingebilde. Die Höhle ist 150 Millionen Jahre alt. Tiere leben seit Ewigkeiten hier. Das Skelett eines angeblich acht Meter großen Bären wurde gefunden. Es verschwand spurlos in der Wendezeit. Seit der letzten Eiszeit wurde sie von Menschen genutzt. In der „Konzerthalle“ singt meine Führerin ein Lied für mich. Wunderschön! Ach ja, und die Akustik ist auch nicht übel.

Im steten Auf und Ab radle ich weiter im dünn besiedelten Grenzgebiet gen Norden. Kurz vor Kula finde ich eine geschützte Stelle zwischen Feldern und Hecken und mit etwas Aussicht zum Zelten.