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Marokko 2020

Vorgeschichte

Vor zwei Jahren, im Februar und März 2018, war ich mit dem Crosser in Marokko gewesen. Das Rad hatte ich mir extra zum dem Zweck gekauft. Ich wollte auch auf Pisten fahren, mir keine Sorgen um die Straßenqualität machen und trotzdem sportlich unterwegs sein. Es war meine erste Radreise außerhalb Europas. Den Bericht dazu gibt es hier: xxx.

 

Die Reise war absolut fantastisch gewesen, fast schon erleuchtend, so bewegend waren meine Erlebnisse, so verbunden fühlte ich mich mit mir, dem Land, seinen Menschen, so erhellend waren meine Erkenntnisse. Es gab auch Abstürze, aus denen ich aber zügig und gestärkt hervorging.

 

Mir war klar, solche Reisen in die Fremde, solche Begegnungen mit mir selbst will ich gerne öfter erleben. Sie lassen sich jedoch nicht steuern oder planen. Ganz im Gegenteil: Geduld, Intuition, Gottvertrauen, wer auch immer dieser Gott ist, und Wachsamkeit für die richtigen Zeichen sind die Zaubermittel.

 

Ich wollte sehr gerne nach Marokko zurückkkehren, denn dieses Land öffnet mein Herz. Doch wann wäre der richtige Zeitpunkt? Im Herbst 2019 fing ich an zu überlegen, wohin mich meine nächste Reise führen könnte. im nächsten Jahr, 2021, habe ich ein halbes Jahr Auszeit, die Freistellungsphase mienes Sabbaticals. Im Letzten Jahr war ich mit dem Corsser im Iran gewesen, mit Zelt, abseits der Hauptstraßen. Ein Test für eine größere Tour im nächsten Jahr.

 

Technisch lief alles prima. Nur: ich war weit entfernt von meiner Hochstimmung 2018 in Marokko. Ich hatte Erklärungsansätze dafür, aber so richtig hat sich die Erkenntnisblase noch nicht geöffnet. Große Zweifel blieben, ob denn eine 6-monatige Radreise in fremden Ländern das Richtige wäre.

 

Ich hatte jedoch nicht aufgehört, Ideen für eine mögliche Gestaltung zu sammeln. Dabei war ich auf das Silk Road Mountain Race in Kirgisistan gestoßen. Ich bin weit davon entfernt, ein solches Rennen mitzufahren. Aber die Route begeisterte mich doch sehr und könnte für mich Orientierung sein, wo ich langradeln will, in meinem eigenen Tempo ("No Race! No Escape! Enjoy!").

 

Als meine herbstlichen Überlegungen begannen, stolperte ich unvorhergesehen über das Atlas Mountain Race. Es wird von den Machern des Silk Road Mountain Race organisiert und fand im Februar diesen Jahres statt. Als ich mir den Routenverlauf im Internet ansah, war es unmittelbar um mich geschehen. Die Regionen kannte ich von meiner Tour 2018, aber die Routenführung war natürlich eine andere. Abgelegene Pisten, statt Asphaltstraßen. Weniger Orte, anspruchsvolle Selbstversorgung, Übernachten im Zelt. Schon 2018 hatte ich mal kurz überlegt, auf abglegenen Routen in den Atlas zu fahren, ohne zu wissen, wo ich essen, trinken, übernachten kann, dann aber davon abgesehen, da die Reise auch so schon aufregend genug war.

 

Jetzt war die Mango reif und süß. Ich buchte Flug und Hotel in Marrakesch und vervollständigte meine Ausrüstung. Dazu, bei aller Bescheidenheit, gehörte auch ein nagelneues Falkenjagd Titanrad mit 18-Gang-Pinion-Schaltung. Was sollte mir jetzt noch passieren?

 

Tja, es kam etwas anders: mein Kopf wusste, ich will das Abenteuer, aber alles andere in mir schrie nein. Und auch bewusstes Vertiefen in meine Ängste half nicht wirklich weiter. Meine Aufregung stieg und stieg, ich war ihr nicht mehr Herr. Ich ließ die Dinge geschehen, die ich mir selbst eingebrockt hatte. Vorfreude flackerte allenfalls in Mini-Zeitfenstern auf. Am Tag vor der Abreise wurde ich krank: leichtes Fieber, dicker Hals. Irgendwie anders, als fiebriges Reisefieber, das sobald die Reise begonnen hat, wieder verschwindet, als wäre ncihts gewesen. Auch nichts Ernsthaftes. Ich würde Reisen können. Ich schloss jedoch nicht aus, dass meine Reise einen ganz anderen Verlauf als geplant nehmen würde. Ich würde auf mich achten lernen und im Zweifelsfall in Marrakesch bleiben.

 

Ich bin in Marrakesch angekommen. Es geht mir gesundheitlich besser. Kaum noch fiebrig, Hals fast okay, dafür die Nase etwas dicht, auch durch die trockene Luft. Emotional bin ich eher gedämpft, nicht wirklich in meiner Selbstliebe, auch noch nicht ergriffen von der Atmosphäre der Stadt, dem bunten Treiben, den Farben, den Gerüchen. Ich muss erst langsam ankommen.

 

Es gibt, anders als vor zwei Jahren, derzeit in meinem Leben derzeit auch niemand, auf den ich meine Liebe projizieren kann. Die große Herausforderung ist, nicht überraschend, sondern groß, vielleicht sogar übergroß über mir schwebend, wie komme ich in eine liebevolle Verbindung mit mir, mit diesem wunderbaren Land und seinen Menschen, wie entwickle ich meine Selbstliebe.

 

Zu scheitern daran, macht mir Angst und ich bin aufgeregt. Wie soll ich das schaffen? Das beste Rezept ist: nichts zu tun, im Moment zu sein, in mich rein zuhören und anzunehmen, was ich dort sehe, fühle. Auch wenn es erst mal unangenehm ist. Nicht ganz leicht in einem Land, das soviele Reize, Möglichkeiten, Verlockungen bietet. Auch meine ABenteuerlust, mein sportlicher Ehrgeiz und die Angst, in einer dumpfen Nichts-Tun-Nichts-Spüren-Wolke zu versacken, zerren an mir.

 

Ich habe einen kleinen Spaziergang durch die Souks und über den faszinierenden Djemaa-el-Fna-Platz gemacht. Es ist sehr bunt und anregend, was es zu sehen und wahrzunehmen gibt. Viele Touristen sind unterwegs. Es duftet nach Pferdeschweiß, Sandelholz, Gewürzen, Essen, Dieselabgasen.

 

Wieso mache ich diese Reise, wieso mache ich immer wieder solche Reisen, die mich fordern, in unbekannte Abenteuer führen, mich auf meine Ängste, meine Einsamkeit stoßen? Ich habe die Erfahrung gemacht, je bewusster ich mir meine Ängste mache, umso leichter, kann ich sie bewältigen. Denn die meisten meiner Ängste beruhen zu einem großen Anteil auf alten Ängsten, auf frühen Traumata. Und nur die Begegnung mit diesen Traumata, mit dem bewussten Durchleben in bedingungsloser Annahme, kann ich sie lösen, lösen sie sich von alleine. Und diese Lösung meiner Traumata führt mich zu meiner Selbstliebe, zur Stärkung meines Selbst, zum Erwachen meiner Stärke, Leichtigkeit und Schönheit. Dazu bietet Marokko, wie schon das Wandern in den Pyrenäen, die Solotour im Herbst durch den nordschwedischen Sarek, eine wunderbare Umgebung.

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