top of page

Niedersachsen, 24. Dezember 2024

Von Bremen entlang der Wümme zum Wilseder Berg in der Lüneburger Heide

94 km, 350 Höhenmeter

Vor lauter Arsch in der Hose vergesse ich, die beiden besten Szenen des Tages mit meiner Actioncamera, meiner neuesten Errungenschaft, die auf meinem Lenker klemmt, aufzunehmen: wie ich mit dem Rad durch überschwemmte Wege pflüge und das gute Dutzend Weihnachtsmänner und Rentiere, die mir bei Rothenburg auf Mofas entgegenkommen. Ich bin einfach zu aufgeregt, als dass ich mich um das Spielzeug kümmern könnte. Ich lausche auf mein Rad, ob alles gut läuft. Ich gehe im Kopf mein Gepäck durch, ob ich nicht vielleicht irgendetwas Wichtiges vergessen habe (Ersatzrücklicht?). Aber vor allem schaue ich, wie geht es mir, wie fühlt sich das an, bei Kälte, Nässe und im dunkelsten Teil des Jahres zu einer mehrtägigen Radtour mit Zelt zu starten.

 

Ich komme zum Ergebnis, gar nicht so schlecht. Der Wind ist ziemlich stark, kommt aber von hinten, so dass ich entspannt radeln kann und es während der Fahrt auch gar nicht kalt ist. Das Rad rollt gut. Der Regen hält sich zurück. Es nieselt nur gelegentlich etwas. Die überschwemmte Wümmeniederung ist beeindruckend. Keine Langeweile, keine winterliche Tristesse kommen auf.

 

Mein Ziel für heute ist der Wilseder Berg in der Lüneburger Heide. Dann soll es über das Wendland an die Elbe, weiter nach Magdeburg und die Saale und dann langsam über den Harz zurück gehen. Neun Tage habe ich Zeit.

 

Auf dem Lehester Wümmedeich, also noch in Bremen, treffe ich Peter und Per, die mir auf ihren Rennrädern entgegenkommen. Hallo und Foto. Dann geht es weiter. Der große Moordeich hinter Bremen ist überflutet. Autos kommen mir entgegen und werfen hohe Gischtfontänen auf. Also wage ich es auch und komme gut durch. Bis Fischerhude bleibt die Straße trocken. Doch hinter Fischerhude steht das Wasser bis zum Horizont und ich nehme den Umweg über den Wald und die Hauptstraße nach Ottersberg. Erst bei Stuckenborstel wage ich wieder einen Versuch, an die Wümme zu kommen – und scheitere an einer überfluteten Unterführung. Also bleibe ich auf dem Radweg an der Bundesstraße und begegne der erwähnten Weihnachtstruppe auf Zweitaktern.

Vor Rotenburg traue ich mich dann nochmal, näher an die Wümme ranzufahren. Es geht problemlos. In einer Hütte bei einem Waldspielplatz mache ich ne Pause. Wäre auch ein schöner Platz zum Übernachten. Bis Fintel fahre ich auf kleinen Landstraße. Auch vile Felder stehen unter Wasser. Verkehr ist nahe null. Alle sitzen zuhause und feiern Weihnachten. Bei Redderberg quere ich die Fintau, alle Straßen frei. Es wird dunkel.

 

Der Wilseder Berg, mein Tagesziel naht. Die letzten beiden Kilometer geht es bergauf, bis zu einer Pension auf asphaltierter Straße. Dann beginnt eine Matschpiste, wie ich sie selten erlebt habe. Waldarbeiten haben die Straße tief zerfurcht. Sie besteht aus einer Mischung von Wasserlöchern, Matsch und auch mal festeren Stellen. Ich komme gehörig ins Schwitzen und muss schieben. Es nimmt kein Ende und ich komme nur sehr langsam voran. Dann ein Abzweig, der Wald lichtet sich und die Heidelandschaft beginnt. Ui, der Wind pfeift hier oben gewaltig. Ich erreiche die angepeilte Schutzhütte am Waldrand. Welch eine Wohltat, sie bietet eine Sitzgelegenheit und Schutz vor Wind und Wetter. Ein guter Ort. Die heiße Suppe schmeckt. Das Zelt passt leider nicht rein. Der Windschutz ist ohnehin hinter der Hütte besser.

bottom of page