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#012 - Albanien

Ab Peshkopi liegt immer weniger Schnee und es wird wärmer. Ich mache einen Abstecher zum Ohridsee in Nordmazedonien. Von dort geht es mal wieder an die Küste, zum Nationalpark Divjaka-Karavasta, in dem ich fast absaufe. Über die größere Stadt Vlorë fahre ich ins Vjosatal, das mich bis Griechenland führt.

24. bis 29. Januar 2025: Erholung in Përmet

Es hat mich richtig erwischt. Am Tag meiner Ankunft ist mir nur nach Duschen und danach Bett. Ich habe einen fiesen und hartnäckigen Husten und mäßiges Fieber. Ich fühle mich schwach schon bei kleinen Bewegungen. Mein Kopf ist allerdings klar.

Am nächsten Tag passiert nicht viel. Frühstücken und Abendessen sind sehr anstrengend. Es kommt noch Durchfall dazu. Und Blähungen. Dazu heftiges Niesen. Diese Kombination führt zu peinlich-unangenehmen Resultaten. Passend dazu läuft mir im Internet ein Witz über den Weg. Was ist Mut? Durchfall haben und trotzdem furzen. Haha. Bei mir hat es nichts mit Mut, eher mit Kontrollverlust zu tun. Alles lässt sich waschen.

Am zweiten Tag schaffe ich einen Gang in den Ort, Bäcker, Supermarkt, Obststand. Das reicht dann auch schon. Am dritten Tag erhole ich mich nur. Die Erkältung sitzt ganz schön fest. Beim Frühstück lerne ich ein sehr nettes junges Paar aus Tirana und ihre einjährige, super charmant-entspannte Tochter Dana kennen. Er ist begeisterter Radfahrer und Bergsteiger und fuhr mit dem Rad nach Zermatt, um das Matterhorn zu besteigen.

Am vierten Tag mache ich, immer noch geschwächt, eine kleine Wanderung zu zwei ursprünglichen Bergdörfern. Ich denke über meine Krankheit nach. Ich bin schon die ganze Zeit im Opfer-Leiden-Modus. Die Krankheit stresst mich und ich will einfach nur, dass sie weggeht. Wie anders war das mit den Rückenschmerzen vor einer Woche.

Jetzt bekomme ich überhaupt keinen Zugang. Wieso nur? Da sitzt was tief. Fühlt sich an wie eine riesige Mauer von Angst und Trauer. Beim gemächlichen Wandern kann ich mich dem nähern. Der Kopf erkennt, ein altes Trauma ist berührt. Es braucht Zeit, sich zu zeigen.

Wie war das als Kind, wenn ich krank war? Meine Oma hat "Schmalzflecken" gemacht, ein mit warmem Schweineschmalz getränktes Tuch, das sie mir auf die Brust legte. Das war sehr wohltuend.

Dann kommt es mir plötzlich. Von meinem Vater weiß ich, dass ich während meiner Kinderverschickung als Fünfjährige schwer erkrankt bin. Er überlegte, mich von Stuttgart aus in Bad Rothenfelde bei Osnabrück abzuholen. Ich habe keinerlei Erinnerungen daran. An vieles andere schon. Wie es mir dabei wohl erging? Jetzt fließt die Trauer ganz frei und erlösend.

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