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Südafrika 2021 - Kapstadt und Kaphalbinsel

Donnerstag, 16. September 2021

Kapstadt

Ich bin in Kapstadt gelandet und frage mich, durchgenudelt vom langen Flug, ausgespuckt in dunkler Nacht am anderen Ende der Welt, die aber gar nicht so anders ist, ich frage mich, wie kam es denn dazu. Anders als meist sonst, hat diesmal nicht ein Ruf aus dem Universum mein Herz erreicht. Vielmehr hat mein Hiersein etwas von einer Notlösung. Ich muss ja irgendwie mein halbes Jahr Sabbatical rumkriegen. Und Corona setzt den Möglichkeiten Grenzen. Sonst wäre ich an die zwei Monate Kirgisistan, von Mitte Juni bis Mitte August, Tadschikistan, China, Pakistan und vielleicht noch Indien angeschlossen.

 

Am liebsten wäre ich nach Cuba geflogen. Dort gibt es jedoch strenge Coronaregeln und der Aufenthalt ohne Visum ist auf zwei Monate beschränkt. Von Zuhause aus los durch Frankreich und dann mit der Fähre nach Marokko war auch mit coronabedingten Unsicherheiten verbunden und das herbstliche Wetter in Bremen lockte mich nicht so sehr. Mexiko blieb etwas abstrakt für mich. Die Durchquerung von Südafrika, offroad, auf die ich auf bikepacking.com stieß, lockte am meisten, auch wenn ich für die Strecke durch Lesotho eine Alternative finden müsste.

 

So bin ich also in Kapstadt gelandet und bin etwas plan- und ziellos. Außer dass mein Rad von KLM noch nachgeliefert wird, hat alles prima geklappt. Ich habe in meinem Zimmer im Atlantic Point Hostel gut geschlafen, fühle mich aber etwas leer und ohne Impuls, die Stadt erkunden zu wollen. Das wundert mich nicht, denn eigentlich bin ich gerne mal ein Schisser und hocke gerne zuhause rum oder mach den gewohnten Kram, bei dem keine Überraschungen drohen.

Im Gegensatz zu meiner Reise nach Kirgisitan bin ich allerdings die Ruhe selbst. Phantasien, was alles schief gehen könnte bis hin, auf welche Arten ich um meine Gesundheit oder gar mein Leben kommen könnte, habe ich bislang nicht oder nur in bescheidenem Umfang. Mir scheint, die Reise nach Kirgisistan hat mich ganz schön abgebrüht. Ein sehr fremdes, unbekanntes Land. Fremde Kultur, fremde Menschen, ein fremdes, ehemals zentralistisch-autoritäres politisches System. Ein armes Land. Unbekannte Naturgefahren, Unwetter, Blitzschlag, Erdrutsche, reissende Gletscherflüsse. Unbesiedelte Weiten mit schlechter Essens- und möglicherweise auch Wasserversorgung. Große Höhen mit Atemnot und Höhenkrankheit. Üble, steile Gebirspässe mit großen körperlichen Anstrengungen. So und länger meine Angst- und Bedenkenliste vor Kirgisistan. Aber nichts davon traf ein. Oder ich bewältigte die Anforderungen gut, fast mit stoischer Gelassenheit. Dafür begegnete ich viel Schönheit der Landschaft und Herzlichkeit der Menschen.

 

Südafrika ist anders. Ein großes weißes Blatt. Leer, oder doch fast leer. Vor 24 Jahren war ich schon mal hier, vier Wochen, vor allem mit Mietwagen in den Nationalparks. Das Land hat mir sehr gut gefallen, die Überwindung der Apartheit und die Person von Nelson Mandela sehr bewegt. Das Blatt ist leer, so wie auch ich mich am Anfang dieser Reise leer fühle, aber es füllt sich und mir scheint, Südafrika ist eine gute Wahl, um mir selbst zu begegnen.

 

Viel weiß ich nicht über das Land. Es ist ein Land von Widersprüchen. Afrika, aber irgendwie doch nicht, zumindest nicht in der westlich anmutenden Stadt Kapstadt. Schwarz und auch weiß, und auch andere Farben, und alles, was daraus entstanden ist. Großer Reichtum, aber auch nach wie vor viel Armut. Demokratie und friedliche Revolution, aber auch große Korruption. Viele wilde Tiere, aber auch Elektrozäune, Videoüberwachung und Sicherheitspersonal, wohin das Auge blickt. In diese Situation will ich tiefere Einblicke bekommen.

Im Gegensatz zu meiner Reise nach Kirgisitan bin ich allerdings die Ruhe selbst. Phantasien, was alles schief gehen könnte bis hin, auf welche Arten ich um meine Gesundheit oder gar mein Leben kommen könnte, habe ich bislang nicht oder nur in bescheidenem Umfang. Mir scheint, die Reise nach Kirgisistan hat mich ganz schön abgebrüht. Ein sehr fremdes, unbekanntes Land. Fremde Kultur, fremde Menschen, ein fremdes, ehemals zentralistisch-autoritäres politisches System. Ein armes Land. Unbekannte Naturgefahren, Unwetter, Blitzschlag, Erdrutsche, reissende Gletscherflüsse. Unbesiedelte Weiten mit schlechter Essens- und möglicherweise auch Wasserversorgung. Große Höhen mit Atemnot und Höhenkrankheit. Üble, steile Gebirspässe mit großen körperlichen Anstrengungen. So und länger meine Angst- und Bedenkenliste vor Kirgisistan. Aber nichts davon traf ein. Oder ich bewältigte die Anforderungen gut, fast mit stoischer Gelassenheit. Dafür begegnete ich viel Schönheit der Landschaft und Herzlichkeit der Menschen.

 

Südafrika ist anders. Ein großes weißes Blatt. Leer, oder doch fast leer. Vor 24 Jahren war ich schon mal hier, vier Wochen, vor allem mit Mietwagen in den Nationalparks. Das Land hat mir sehr gut gefallen, die Überwindung der Apartheit und die Person von Nelson Mandela sehr bewegt. Das Blatt ist leer, so wie auch ich mich am Anfang dieser Reise leer fühle, aber es füllt sich und mir scheint, Südafrika ist eine gute Wahl, um mir selbst zu begegnen.

 

Viel weiß ich nicht über das Land. Es ist ein Land von Widersprüchen. Afrika, aber irgendwie doch nicht, zumindest nicht in der westlich anmutenden Stadt Kapstadt. Schwarz und auch weiß, und auch andere Farben, und alles, was daraus entstanden ist. Großer Reichtum, aber auch nach wie vor viel Armut. Demokratie und friedliche Revolution, aber auch große Korruption. Viele wilde Tiere, aber auch Elektrozäune, Videoüberwachung und Sicherheitspersonal, wohin das Auge blickt. In diese Situation will ich tiefere Einblicke bekommen.

Dazu gehört zuschauen und hinhören und wachsam sein. Mehr noch beschäftigt mich aber die Frage, wie ich offensiver meiner Umwelt begegnen kann. Ohne Furcht und Rückzug, ohne Angst, etwas falsch zu machen, jemand zu verletzen oder mich abgelehnt zu fühlen. In Kirgisistan, an der 20 bis 40 Prozent steilen „Old Soviet Road“ wurde mir klar, wie gebremst meine Lebensenergie ist. Die will ich befreien, nicht nur wenn es um körperliche Anstrengung geht, sondern auch in der Begegnung mit den Menschen. Ich spüre schon die Flamme meiner kindlichen Neugier, Lust, Frechheit und Leidenschaft. Mit diesem Gefühl mache ich mich auf den Weg, Kapstadt und seine Menschen zu erkunden.Schnell nimmt mich die Atmosphäre der Stadt in ihren Bann. Woran liegt das? Am frühlingshaften Wetter mit klarem Himmel und kaltem Wind, der mich meine Jacke zuziehen lässt? Am Kontrast zwischen alten, niederländischen Kolonialbauten und moderner Hochhausarchitektur? An der tollen Lage zwischen Meer und Tafelberg, der fast mitten in der Stadt 1.000 m hochragt? An den interessanten schwarzen Menschen, die mich oft freundlich anschauen und grüßen, obwohl es hier doch genug andere weiße Menschen gibt? Die außerdem gerne lachen, im Gespräch, am Telefon, und dann gleich schallend laut?

Ich lasse mich durch die Straßen treiben und nehme das Flair auf. Ich schaue mir die Stände auf dem Greenmarket Place und den Straßen drumherum an. Ich besuche den Company´s Garden mit tropischen Pflanzen imd das Isiko South Africa Museum. In dem modern eingerichteten Naturkundemuseum gibt es viele landestypische Tiere einschließlich Meeresbewohner zu sehen, vor allem aber auch archäologische Funde und Felsmalereien und -ritzungen aus den letzten 100.000 Jahren, die mir ein respektvolles Gefühl für diesen Teil der Erde geben.

Freitag, 17. September 2021

Kapstadt

Die Abenteuerlust ist kein Ein-Aus-Schalter und so bin ich nach dem Erwachen eher etwas bedröppelt. Ich habe jedoch einen Plan für den heutigen Tag und so besteige ich früh um neun den Bus zu den Kirstenbosch-Gärten. In der morgendlichen Hektik habe ich vergessen, meine Sonnencreme einzupacken. Zum Glück kann ich aber eine im Shop am Eingang kaufen. Jetzt brauche ich ein Frühstück und das gibt es im Tea House, natürlich mit Rührei, gebratenem Speck, schlabbriger Wurst. Das Café ist gut besucht. Wenige sind jünger als ich und alle bis auf ein Kind weiß. Das Personal dagegen ist durchgehend schwarz. Tja, es ist noch ein weiter Weg zu gerechten Verhältnissen.

Ich schlendere durch die gepflegten Parkanlagen, genieße die exotische Atmosphäre mit einer unglaublichen Vielzahl fremder Pflanzen. Viele blühen bunt, am auffallendsten die Proteen. Es gibt urzeitliche Baumfarne und einen tollen, schlangenförmigen Brückenpfad durch die Baumwipfel.

Von hier aus will ich den Tafelberg besteigen und auf der anderen Seite entspannt mit der Seilbahn wieder runter nach Kapstadt. Der steile Weg führt durch die Skeleton-Gorge, über gut präparierte Steinstufen und Holztreppen und -leitern. Nur ein Stück ist Kletterei über Steine und ich frage mich, ob ich den Weg verloren habe. Schon führt er aber wieder weiter, raus aus dem Wald und entlang der Ostkante des Tafelbergs in stetigem Bergauf. Nur sehr wenige Menschen begegnen mir hier oben. Der Weg biegt nach Westen ab, noch eine Stunde bis zur Bergstation. Immer noch kaum Menschen, dafür nimmt der Wind stetig zu. Die Seilbahn wird doch hoffentlich fahren heute? Wenigstens stehe ich nicht im Nebel des Table Cloth.

An der vereinsamten Bergstation angekommen bestätigt sich meine Befürchtung: heute führt da nichts. Der Grund, wie ich später erfahre: zuviel Wind. Also mach ich mich an den Abstieg durch die Platteklipkloof Gorge, sehr steil, steinig, zum Glück teilweise gestuft. Langsam steige ich runter mit meinen wackeligen Fahrradschuhen. Ich hole eine Belgierin ein, die noch langsamer unterwegs ist und wir tun uns zusammen. Das gibt mir Sicherheit und schont auch meine Füße. Nach etwa zwei Stunden sind wir unten und sie ruft ein Uber-Taxi, das sie nach Hause und mich an die Waterfront bringt, wo ich müde und durchgeschwitzt und vom Warten auch durchgefroren im La Parada essen gehe.

Samstag, 18. September 2021

Kapstadt

Alles klar, nach dem gestrigen anstrengenden Tag will ich es heute ruhig angehen lassen. In einem Café um die Ecke gehe ich ausgiebig frühstücken – super lecker: Rührei mit Avocado, Müsli mit Joghurt und Obst, Chai Latte und ein Ananas-Ingwer-Saft. Dann baue ich mein Rad zusammen, das gestern gebracht wurde. Dummerweise passt die Schraube zum befestigen des Vorderradschutzbleches nicht. Sie ist zu lang. Die Mutter lässt sich nicht weit genug aufs Gewinde drehen. Ich frage an der Rezeption nach und gemeinsam durchsuchen wir die Werkstatt – nichts. Es gibt noch eine Hoffung: der „Uncle“. Der wohnt in einem kleinen Häuschen hinter dem Hostel und er hat genau die passende Mutter und auch noch zwei Unterlegscheiben. Genial! Ich gebe ihm hundert Rand, da ich keine kleineren Scheine habe. Er nimmt sie mit einem „God bless you“ entgegen.

Ich spaziere in die Waterfront, kaufe ein T-Shirt und schaue mir den regen Wochenendbetrieb an. Hier sind erstaunlicherweise hauptsächlich Schwarze, überwiegend jüngere Menschen und Familien. Die Frauen sind sehr schick und präsentieren ihre für meine Augen ungewohnten, prachtvollen Kurven in engen Stretchteilen.

Ich besuche das MOCAA – Zeitz Museum of Contemporary Art Africa, das in einem alten Speichergebäude untergebracht wurde. Die massiven senkrechten Betonröhren wurden einfach von innen aufgesägt. Tolle Architektur und auch beeindruckende Ausstellungsobjekte. Auf dem Heimweg komme ich unter der Brücke einer Stadtautobahn durch, unter der Abdachlose zelten. 100 m weiter ist ein schickes, modernes Geschäft mit dem Namen „Gold“. Daneben parkt ein roter Porsche.

Sonntag, 19. September 2021

Kapstadt

Da ich gestern echt schlapp war und nicht so sehr in Aufbruchsstimmung, habe ich meinen Aufenthalt in Kapstadt verlängert. Dafür musste ich das Hostel, die hier Backpackers heißen, wechseln. Vom Atlantic Point zum Big Blue Backpackers, direkt in der Parallelstraße. Gefällt mir von der Atmosphäre besser, ein schöner alter Schuppen und nicht so viele „Ich.bin-jung-und-cool-und-kiffe-gern“-Leute.

 

Ich frühstücke in meinem Lieblingscafé und spaziere danach zum South Africa National Museum mit alten und neuen Gemälden, die einen Eindruck über die Geschichte und Lebensbedingungen Südafrikas vermitteln. Das District Six Museum hat am Wochenende leider zu. In diesem Stadtteil wurden während der Apartheid zigtausende Schwarze vertrieben und ihre Häuser komplett plattgemacht. Aus den Neubauprojekten der Weißen wurde jedoch nichts und die Fläche wird unbebaut erhalten.

Die Stadt ist sehr auf Autoverkehr ausgerichtet. An Fußgängerampeln zu warten, dauert meist ewig. Also ignorieren die meisten die Ampeln. Straßen nehmen viel Platz ein. Einen Radweg gibt es auch. Jedoch fehlen die Räder nahezu komplett und die Führung des Radweges ist zum Teil unterirdisch, endet an Pflanzkübeln und führt da lang, wo eigentlich Fußgänger ihre Wege haben. Die nutzen dann einfach den Radweg.

 

Corona wird sehr ernst genommen. In Geschäften und Verkehrsmitteln und auf bevölkerten Plätzen gilt Maskenpflicht. Viel Desinfektionsmittel stehen rum an Eingängen und wird von Personal, immer schwarz, verteilt. Am Handgelenk wird die Temperatur gemessen. Sicherheitsleute achten auf die Einhaltung.

 

Ich besuche noch das Two Oceans Aquarium, das superschöne Becken und wundervolle Tiere hat.

Abends setze ich mich im Hostel in die fast leere Bar und trinke ein Glas Rotwein. Ich komme mit einem Südafrikaner, etwa mein Alter, der zuvor fernsah, ins Gespräch. Schnell wird es philosophisch und geht um die großen Themen des Lebens. Was macht die Menschheit falsch, wie könnte sie, die Jugend, es besser machen, was muss sie lernen. Er spricht mir etwas zu abstrakt und ich bitte ihn, von sich zu sprechen. Das gelingt nur bedingt. Mehr, als dass er auf seinen Bruder wartet, der in Kapstadt lebt, erfahre ich nicht, auch nicht von seinen persönlichen Fehlern, Ängsten, Zielen. Trotzdem sehen wir vieles ähnlich. Zum Abschied gibt er mir einen Namen mit auf den Weg: Prem Rawat, ein indischer Friedensbotschafter.

 

Da taucht Julian auf, ein junger Mann, 22 Jahre, aus Mocambique. Ich kenne ihn aus dem anderen Hostel. Er ist dort rausgeflogen, wie er sagt. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Er stellt sich als Künstler, Rapper und Vlogger, vor und zeigt mir seinen Youtube-Kanal. „Lil Acht“ nennt er sich. Wenn er spricht, kann ich den Rapper sehen: druckvoll, pausenlos, sich wiederholend. Er lacht viel, hat viele Fragen. Seine Videos gefallen mir, in den Straßen von Johannesburg, voller Selbstironie, nicht der supercoole Typ.

Viel aus seinem Leben erfahre ich auch von ihm nicht. Seinen Namen bekam er von seinem Großvater, der kurz nach seiner Geburt vergiftet wurde. Mit elf Jahren kam er nach Kapstadt. Er ist begeistert von meiner Internetseite, will auch Geschichten schreiben. Er schlägt vor, eine Fotosession zu machen. Er zieht sich um und ich hole meine Kamera.

Montag, 20. September 2021

Von Kapstadt nach Simon´s Town

Es regnet bis in die Morgenstunden. So gehe ich ausgiebig frühstücken, bevor ich losfahre. Ich realisiere nicht so ganz, dass dies der eigentliche Beginn meiner Radtour ist. Ein untypischer Beginn, denn es geht durch den chaotischen Kapstädter Verkehr. Der Linksverkehr fordert volle Konzentration von mir. Er irritiert mich immer wieder. Immer wieder das Gefühl, die fahren auf der falschen Seite, kommen aus der falschen Richtung. Wie in einer verdrehten Welt. Also singe ich „links, links, links“ vor mich hin und bin froh über Radwegabschnitte, auch wenn sie jäh enden.

Durch die Innenstadt geht es am Bahnhof vorbei durch gewerblich Geprägtes Gebiet mit armseligen Verschlägen Obdachloser. Im Stadtteil Woodstock ist wieder viel Verkehr. Als ich mal kurz anhalte, sprechen mich zwei süße Straßenkehrer an, befragen mich, wünschen mir viel Flück und vergessen nicht, mich vor ihren gefährlichen Mitbürgern zu warnen.

Es folgen schicke Wohngebiete. Am Bahnhof von Wynberg sind alle Straßen verstopft mit Dutzenden, wenn nicht Hunderten der verbreiteten Toyota-Busse, die einen Großteil des Nahverkehrs ausmachen. Sie stehen rund um den Bahnhof und den Straßen drumrum oft mehrreihig. Mit dem Rad komme ich manchmal gerade so durch.

 

Auf einer größeren Straße geht es schnurgerade nach Süden und bald erreiche ich das Meer, die False Bay. Der Wind weht stramm von vorne. Gegen vier Uhr erreiche ich Simon´s Town und nehme mir ein schnuckeliges Zimmer mit Meerblick im Boulder Beach Hotel. Zum Pinguine Gucken ist es leider zu spät. Der abgesperrte Strandabschnitt wird um fünf geschlossen. So gibt es noch Fisch „Catch of the Day“ bei afrikanischer Straßenmusik im Hafen.

Dienstag, 21. September 2021

Von Simon´s Town über Cape Point nach Hout Bay

So unlieblich die Brillen-Pinguine quäken – irgendwas zwischen klagend-schräger Vuvuzela und manchmal täuschend echtem Eselsruf, nicht umsonst heißen sie auch Jackass Penguin – so anrührend watscheln sie über den Strand und stürzen sich in die Wellen am Boulder´s Beach.

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Nach meinem kleinen Frühstück radel ich weiter gen Kap der Guten Hoffnung, strammer Gegenwind von vorn, entlang der False Bay und durch die Fynbos-Vegetation. Am Abzweig sind es noch rund 10 km und ich darf als „International“ 20 € berappen. Ich sehe es als Naturschutzförderung und das ist es ja auch. Paviane, auf die mich einschüchternde Tafeln hinweisen, sitzen auf und neben der Straße, machen aber keine Anstalten, mich anzufallen.

Der Auto-Verkehr zum Kap ist bescheiden. Dagegen kommen mir einige Rennradfahrer*innen entgegen, meist Ü60, zu denen ich ja noch nicht gehöre, wenn nicht Ü70. Auf dem großen Parkplatz am Cape Point stehen vielleicht zwanzig PKW. Von dort führt ein Weg hoch zum Leuchtturm mit weitem Blick. Das eigentliche Kap der Guten Hoffnung liegt etwas westlich, ist aber nur ein großer Parkplatz unterhalb eines Allerweltsfelsen. Ich spare mir den Abstecher. Die Tour hierher hat etwas von Pflichtprogramm und so düse ich bald wieder los, jetzt mit ordentlich Rückenwind.

In Scarborough esse ich ein mittelmäßiges Thai Curry im Camel Rock. Weiter geht es zum Chapman´s Peak Drive, einer schmalen, abenteuerlich in den Fels geschlagenen, schmalen Straße, die viele Radfahrer anzieht, die hier für das Cape-Argus-Radrennen mit über 30.000 Teilnehmer*innen trainieren. In Hout Bay nehme ich mir ein Zimmer.

Mittwoch, 22. September 2021

Von Hout Bay über Kapstadt nach Malmesbury, 100 km

Tja, heute habe ich Geburtstag und würde mich natürlich gerne von meinen Freunden und Freundinnen feiern lassen, Umarmungen inklusive. Ich freue mich jedoch auch über den Tag und bin stolz, wenn ich auch die zurückliegenden sechzig Jahre blicke. Mal schauen, ob ich mir heute etwas Besonderes gönnen kann.

 

An schicken Wohnvierteln und schönen Buchten mit ordentlichen Wellen geht es rein ins Gewühle von Kapstadt. Der viele Verkehr nervt und ich bin froh, als ich hinterm Bahnhof den Radweg gen Norden erreiche. Der zieht sich aber auch, bis ich irgendwann wieder an der Küste bin, Blick auf Robben Island und zurück auch den Tafelberg.

An schicken Wohnvierteln und schönen Buchten mit ordentlichen Wellen geht es rein ins Gewühle von Kapstadt. Der viele Verkehr nervt und ich bin froh, als ich hinterm Bahnhof den Radweg gen Norden erreiche. Der zieht sich aber auch, bis ich irgendwann wieder an der Küste bin, Blick auf Robben Island und zurück auch den Tafelberg.

 

Auch heute schiebt mich der Westwind gut nach Nordosten. Ich verlasse die Küste und muss zehn Kilometer entlang einer vielbefahrenen Straße auf dem Seitenstreifen vor mich hin strampeln. Hinter einer Schnellstraße fängt dann endlich die ruhige Piste an. Die Landschaft ist hügelig, große Felder, mit Stacheldraht, wozu auch immer, zur Straße hin. Hi und da auch Weinberge. Mal ne Weide mit Schafen. Bunte Vögel fliegen rum, knallig himbeerrot oder schwarz-gelb.

Ich lande auf der asphaltierten Old Malmesbury Road und beschließe, meinen Track zu verlassen und direkt auf dieser Straße nach Malmesbury zu fahren. Das kann ich gut schaffen, bis es dunkel wird. In Kalbaskraal sind viele Schwarze auf der Straße, ich kaufe Wasser und komme mit ihnen ins Gespräch. Ich spüre, dass es mir etwas schwer fällt, in den Kontakt zu gehen. Sie sind nicht gleich superfreundlich. Arm-reich-Gegensätze spielen eine Rolle, auch die Geschichte, Ausbeutung, Unterdrückung. Sicher spielen die ständigen Warnungen der Weißen und auch alte Vorurteile eine Rolle. Die Menschen interessieren mich jedoch. Ich lasse mein Rad unabgeschlossen vor dem Laden stehen und habe ein freundliches und interessantes Gespräch mit einem Mann und einer Frau, das nicht endet, ohne dass ich um Geld für Essen angesprochen werde.

 

Als der Himmel sich dramatisch im Abendlicht verfärbt, komme ich in Malmesbury an und finde ein stilloses, modernes Zimmer. Für den Abend gibt es eine Flasche Wein und Chips, dazu ein Film aus der Mediathek.

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